Du willst Dein eigener Chef sein und möchtest den Jahreswechsel nutzen, um Deinen Traum von der Selbstständigkeit endlich wahr werden zu lassen? Damit bist Du nicht alleine! Immer wieder erreichen uns Seminarwünsche zum Thema Praxisgründung. Leider dürfen wir gemäß Rahmenvertrag keine Fortbildungspunkte auf derartige Seminare vergeben (vgl. Anlage 4, S. 5). Trotzdem möchten wir Dich bei Deinem Schritt in die Selbstständigkeit unterstützen und haben uns daher einmal schlau gemacht, welche Voraussetzungen und Vorgaben es gibt und was Du sonst noch beachten solltest.
Strategische Vorüberlegungen und Businessplan
Damit Du mit einer realistischen Erwartungshaltung an die Planung gehst, solltest Du dich im Vorfeld über die betriebswirtschaftliche Lage von Logopädiepraxen informieren. Eine gute Orientierung hierfür liefern neben kostenpflichtigen Fachbüchern und Ratgebern auch das Gutachten zur beruflichen und ökonomischen Situation von Selbstständigen in der Logopädie von Logo Deutschland sowie der Fachbeitrag zur Lage der Logopädie des Magazins „Forschung aktuell“.
Darüber hinaus solltest Du dich natürlich im Vorfeld entscheiden, welche Form der Selbstständigkeit Du anstrebst. Möchtest Du z.B. eine eigene Praxis eröffnen, hast Du die Möglichkeit eine bestehende Praxis zu übernehmen, möchtest Du vorwiegend mobil tätig werden ohne eigene Praxis oder bist Du eher an einer Praxisgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis interessiert? Und soll deine Praxis für alle PatientInnen offenstehen oder eine rein privat geführte Praxis sein? Jede Form für sich hat rechtliche und wirtschaftliche Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile, die es im Vorfeld abzuwägen gilt.
Im Anschluss daran solltest Du dich mit notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Praxisgründung auseinanderzusetzen und dir Gedanken zur strategischen Positionierung deiner Räumlichkeiten machen (Standortfrage, Patientengewinnung, Kostenaufstellung, Finanzierung etc.). Es empfiehlt sich, alle Überlegungen in einem Businessplan festzuhalten, den Du spätestens für die Beantragung eines Bankkredites sowieso brauchen wirst. Wie das genau geht findest Du zum Beispiel hier. Falls Du darüber hinaus weitere Unterstützung wünschst, kannst Du dich auch an entsprechende Beratungsstellen wenden oder eine passende Software herunterladen, wie zum Beispiel das „Businessplan-Paket Logopädie“.
Gesetzliche Grundvoraussetzungen
Neben eigenen Überlegungen und Wünschen sind natürlich auch gesetzliche und rechtliche Vorlagen zu berücksichtigen. Welche das für die Erbringung logopädischer Leistungen sind, wird im fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) klar definiert. Für die Praxisgründung sind dabei vor allem § 124 und § 125 des SGB V relevant.
Gemäß §124 Abs. 2 SGB V ist zuzulassen, wer…
- „die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis oder einen vergleichbaren akademischen Abschluss besitz(t),
- über eine Praxisausstattung verfüg(t), die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet, und
- die für die Versorgung mit Heilmitteln geltenden Verträge nach § 125 Absatz 1 und § 125a anerkenn(t).“
Unter dem letzten Punkt ist der so genannte „Rahmenvertrag“ nach § 125 Absatz 1 SGB V zwischen dem Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und den logopädischen Verbänden in seiner aktuell gültigen Fassung gemeint. Er regelt alle relevanten Bereiche in Bezug auf die Erbringung logopädischer Leistungen, angefangen bei den allgemeinen Grundsätzen der Leistungserbringung bis hin zum Datenschutz und der Schweigepflicht, qualitätssichernden Maßnahmen sowie der Abrechnungsregelung gegenüber den Krankenkassen. Zuletzt wurde der Rahmenvertrag im März 2021 aktualisiert (Stand Januar 2022). Hier kannst Du ihn dir ansehen und herunterladen.
Anlage 5 des Rahmenvertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V gibt dabei einen guten und detaillierten Überblick, welche qualifikationsbezogenen Vorgaben sowie räumliche und ausstattungsbezogene Voraussetzungen unter den obigen Gliederungspunkten 1 und 2 konkret gemeint sind. Wir haben sie nachfolgend für Dich zusammengestellt.
Qualifikationsanforderungen
Um eine Therapie im Bereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie durchführen und abrechnen zu dürfen, musst Du nicht zwangsläufig eine logopädische Ausbildung absolviert haben. Auch zahlreiche andere Berufsgruppen wie etwa Atem-, Sprech- und StimmlehrerInnen, medizinische SprachheilpädagogInnen oder Diplom-SprechwissenschaftlerInnen sind dazu berechtigt. Darüber hinaus kann die Zulassung nach einer Einzelfallprüfung auch weiteren Berufsgruppen erteilt werden, sofern sie die notwendigen „theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen nachweisen [können]“ (Anlage 5 i. d. F. vom 15.03.2021, S. 5). Die genaue Auflistung der zulassungsfähigen und der nicht zulassungsfähigen Berufsgruppen sowie der zu erfüllenden Anforderungen für eine Anerkennung durch Einzelprüfung findest Du in Anlage 5 (Kapitel 1, 4 und 5).
Zusätzlich dazu sind Kenntnisse der deutschen Sprache auf mindestens C1-Niveau entsprechend des Europäischen Referenzrahmens vorgeschrieben. Dieser Punkt scheint dürfte kaum überraschen angesichts der Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche von LogopädInnen.
Räumliche Mindestanforderungen
Welche Ansprüche die Räume zur Ausübung der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie erfüllen müssen ist ebenfalls genau geregelt:
Dein Behandlungsraum muss mindestens 20 m² umfassen, jeder weitere mindestens 12 m², sofern Du gleichzeitig mit weiteren KollegInnen bzw. Angestellten tätig bist. Innerhalb dieser Mindestfläche brauchst Du eine Deckenhöhe von mindestens 2,4 Metern. Durchgangszimmer zu anderen betriebsrelevanten Räumlichkeiten sind dabei nicht als Therapiezimmer zulässig. Und: selbstverständlich musst Du deine Praxisräume gut beleuchten, heizen und lüften können.
Weniger Vorgaben gibt es, wenn Du eine bereits bestehende Praxis übernehmen kannst, denn dann unterliegen die Praxisräume bis zum Jahr 2041 dem Bestandsschutz.
Ausstattung
In punkto Ausstattung wird es interessant: der Rahmenvertrag sieht vor, dass Du sowohl Diagnostikmaterial als auch therapeutisches Material und Hilfsmittel „für alle zu behandelnden Störungsbilder“ (Anlage 5 i. d. F. vom 15.03.2021, S. 7) verfügbar haben musst. Ob damit alle Störungsbilder gemeint sind, die Du gemäß deiner Qualifikation behandeln kannst oder nur die, die Du gemäß deiner Website behandeln möchtest (nicht alle LogopädInnen behandeln auch alle Störungsbilder), ist leider nicht genau definiert.
Ergänzend dazu brauchst Du eine „technischen Vorrichtung zur Aufnahme und Wiedergabe von Stimme, Sprechen oder Sprache“ (Anlage 5 i. d. F. vom 15.03.2021, S. 7) sowie einen Schrank oder Ähnliches für Deine Patientenakten und Praxisunterlagen, der den gesetzlichen und vertraglichen Datenschutzanforderungen gerecht wird – er sollte also abschließbar sein und nicht endwendbar.
Darüber hinaus ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Du über ein Tasteninstrument sowie einen „Computer oder Tablet für den therapeutischen Einsatz inklusive spezifischer Software“ (Anlage 5 i. d. F. vom 15.03.2021, S. 7) verfügen musst.
Anmeldung und Zulassung Deiner Praxis
Hast Du Praxisräumlichkeiten gefunden, die sowohl deinen Vorstellungen entsprechen als auch die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, folgt der bürokratische Teil: die notwendigen Behördengänge und Anträge für die Anmeldung und Zulassung deiner Praxis. Aber keine Sorge! Vieles kannst Du mittlerweile online erledigen!
Allerdings brauchst Du dafür eine Menge Nachweise und Bescheinigungen, die Du dir am besten bereits im Vorfeld organisierst:
- Urkunde zur Führung der Berufsbezeichnung oder die Diplom-, Bachelor- und/oder Masterurkunde inklusive Zeugnis und Leistungsübersicht (hast Du deine Berufserlaubnis im Ausland erworben brauchst Du eine Bescheinigung über die Anerkennung der zuständigen Anerkennungsstelle zur Führung der Berufsbezeichnung)
- Nachweis über das Eigentum bzw. das Recht an der Praxisnutzung (z. B. Mietvertrag)
- Raumskizze inklusive der Angabe der m²-Zahl und der Deckenhöhe je Raum
- Auflistung der vorhandenen Geräte und Einrichtungsgegenstände
- Auszug aus dem Handels-/Partnerschaftsregister oder vergleichbare Nachweise, sofern es sich um Personengesellschaften oder juristische Personen handelt
- polizeiliches Führungszeugnis als Nachweis Deiner persönlichen Eignung
- Unbedenklichkeitsbescheinigung des Hausarztes als Nachweis Deiner gesundheitlichen Eignung
Beantragung einer Steuernummer
Damit Du in deiner Praxis später Rechnungen (z.B. an Privatpatienten) ausstellen kannst, brauchst Du eine Steuernummer, die Du auf deinen Rechnungen ausweisen musst. Die Steuernummer kannst Du bei deinem Finanzamt beantragen. Das dafür notwendige Formular findest Du hier.
Übrigens: LogopädInnen sind freiberuflich tätig und brauchen daher weder eine Gewerbeanmeldung, noch sind sie gewerbesteuer- oder umsatzsteuerpflichtig. Aber Achtung: Dein Status als FreiberuflerIn ist gefährdet, sobald Du mehr als drei Angestellte hast oder mehrere Praxen an verschiedenen Standorten eröffnest! In dem Fall kann eine Gewerbeanmeldung notwendig werden.
Beantragung eines Institutionskennzeichen
Damit Du deine erbrachten Leistungen bei den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen kannst, benötigst Du ein so genanntes Institutionskennzeichen (IK), also eine neunstellige Zahl die deiner Praxis eindeutig zugeordnet werden kann.
Die Beantragung ist super easy und sogar kostenlos! Fülle einfach dieses Erfassungsformular aus und schicke es per Post, per Fax oder per Email an die Arbeitsgemeinschaft Institutionskennzeichen (ARGE IK):
ARGE·IK
Alte Heerstraße 111, 53757 Sankt Augustin
Fax: +49 30 13001-1350
Weiterführende Informationen dazu findest Du hier.
Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft
Als selbstständige Logopädin bzw. selbstständiger Logopäde musst Du eine gesetzliche Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) abschließen, die Du via Online-Formular beantragen kannst. Logopädische Praxen sind der Branche 3 „Therapeutische Praxen“ zugeordnet.
Die BGW verspricht auf ihrer Website zwar eine Anmeldung binnen einer Woche, dennoch solltest Du dich rechtzeitig um die Beantragung kümmern, da der Nachweis der Anmeldung für den Erwerb der Praxiszulassung notwendig ist.
Die Höhe deines Jahresbeitrages ist tariflich festgelegt und wird orientiert an deiner jeweiligen Gefahrenklasse ermittelt. Der deutsche Bundesverband für Logopädie e. V. hat hierzu einen detaillierten Beitrag verfasst, indem die Berechnung des Jahresbeitrages näher erläutert wird. Hier kannst Du dir den Beitrag ansehen.
Anmeldung beim örtlichen Gesundheitsamt
Auch beim örtlichen Gesundheitsamt musst Du deine Praxis für die Kassenzulassung anmelden. Das Vorgehen hierzu kann von Region zu Region leicht abweichen. In der Regel findest Du alle dafür notwendigen Informationen auf der Website des für Dich zuständigen Gesundheitsamtes und / oder Landratsamtes.
Für den Raum München gibt es alle notwendigen Angaben inklusive Anmeldeformular hier.
Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
Um eine Kassenzulassung zu erhalten ist neben der gesetzlichen Unfallversicherung auch der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für LogopädInnen Pflicht. Es gibt hier verschiedene Anbieter und Möglichkeiten.
Einen guten Überblick hierzu bieten entsprechende Vergleichsportale, wie z.B. finanzechef24, Die Continentale oder Versicherungsverlgeich.de.
Nicht vorgeschrieben aber dennoch eine Überlegung wert ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung, sofern Du nicht bereits eine abgeschlossen hast.
Beantragung der Kassenzulassung
Das Herzstück im Antragsverfahren stellt die so genannte Kassenzulassung dar, ohne die Du keine gesetzlich versicherten PatientInnen behandeln darfst. Hier gilt ganz klar die Devise: frühzeitig ist rechtzeitig!
Zuständig ist die jeweilige Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Deines Bundeslandes bzw. Regierungsbezirkes. Welche das in Deinem Fall ist kannst Du hier nachsehen.
In der Regel musst Du einen Berichtbogen (hier mal beispielhaft der Bogen für Bayern) sowie eine Anerkenntniserklärung zum Vertrag nach §125 Absatz 1 SGB V ausfüllen. Darüber hinaus benötigst Du spätestens jetzt die oben angeführten Nachweise und Belege. Ergänzend hinzu kommen die Bescheinigungen über die Anmeldung beim Gesundheitsamt und der Berufsgenossenschaft sowie über den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung.
Wurde Dir die Kassenzulassung erteilt, steht Deiner eigenen Praxis eigentlich nichts mehr im Wege!
Praxis läuft – jetzt nur die Logopädie Fortbildungen nicht vergessen 😉
Natürlich passt hier wunderbar auch etwas Werbung in eigener Sache hinein, denn als frischgebackene Praxisinhaberin oder Praxisinhaber bist Du verpflichtet, Dich regelmäßig fortzubilden. Zum Beispiel hier bei Logomania. Natürlich gibt es bei uns Bonusprogramme, wenn Du mehrere Kurse bei uns buchst oder mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommst – melde Dich dazu einfach bei uns. Direkt hier auf der Website findest Du jedenfalls jede Menge spannender Logopädie Fortbildungen, sowohl in Präsenz, als auch Online-Seminare. Das ganze Logomania-Team freut sich auf Dich!
Fazit
Alles in allem ist eine Menge Papierkram nötig, bis der Traum von deiner eigenen Praxis endlich Realität werden kann. Aber wie sagte Walt Disney einst so schön: „Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen.“ Und jede lange Reise beginnt bekanntlich mit einem kleinen, ersten Schritt. Wir wünschen Dir dabei viel Erfolg und gute Wegbegleiter.